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Rechtliche Fragestellungen

Im Zuge der Novellierung des Art. 56 Abs. 5 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) mit Wirkung zum 1. August 2022 hat sich der rechtliche Rahmen für die Nutzung von digitalen Endgeräten an Schulen verändert. War die Nutzung bisher weitestgehend auf unterrichtliche Zwecke und Einzelfallregelungen beschränkt, so bieten sich weiterführenden sowie beruflichen Schulen jetzt größere Gestaltungsspielräume, insbesondere was die außerunterrichtliche Nutzung zu privaten Zwecken betrifft.

Ziel des Beitrags ist es einerseits, den neu geschaffenen rechtlichen Rahmen zu erläutern, und andererseits Antworten auf einige rechtliche Fragen zu geben, mit denen Schulen bei der Erarbeitung schuleigener Regelungen für die private Nutzung digitaler Endgeräte konfrontiert sein können.

pixabay.com/mohamed_hassan (bearbeitet)

Neuregelung Art. 56 Abs. 5 BayEUG

Bisher war es Schülerinnen und Schülern außerhalb unterrichtlicher Zwecke ausschließlich nach expliziter Erlaubnisder unterrichtenden oder Aufsicht führenden Lehrkraft gestattet, digitale Endgeräte anzuschalten und zu verwenden. Die Neuformulierung von Artikel 56 Absatz 5 BayEUG gibt weiterführenden Schulen und allen beruflichen Schulen nun u. a. die Möglichkeit, mithilfe schuleigener Regelungen die Verwendung digitaler Endgeräte im Schulgebäude und auf dem Schulgelände allgemein zu regeln.

Die Verwendung von Handy und anderer digitaler Endgeräte ist für Schülerinnen und Schüler nach der Neuregelung des Art. 56 Abs. 5 BayEUG zulässig
1. im Unterricht und bei sonstigen Schulveranstaltungen, soweit die Aufsicht führende Person dies gestattet (alle Schulen und Jahrgangsstufen).
2. im Übrigen im Schulgebäude und auf dem Schulgelände, soweit dies die Schulleitung im Einvernehmen mit dem Schulforum allgemein oder die Aufsicht führende Person im Einzelfall gestattet (gilt nicht für Grundschulen und die Grundstufen an Förderschulen).

Aus Art. 56 Abs. 5 ergeben sich folgende Neuerungen:

  • Verabschieden der schuleigenen Regelungen: Mit den Regelungen kann die Schulleitung im Einvernehmen mit dem Schulforum die außerunterrichtliche Verwendung digitaler Endgeräte im Schulgebäude und auf dem Schulgelände über den Einzelfall hinaus allgemein regeln. (Art. 56 Abs. 5 BayEUG Satz 1 Nr. 2)

  • Festlegung zulässiger Programme: Die Schulleitung oder die Aufsicht führende Person kann für den Einzelfall zulässige Programme und Anwendungen festlegen, die im Unterricht und bei sonstigen Schulveranstaltungen zulässig sind. (Art. 56 Abs. 5 BayEUG Satz 2)

Die Möglichkeit, eigene Nutzungsregeln festzulegen, besteht nicht für Grundschulen und die Grundschulstufe der Förderschule. Hier sollte die Nutzung mobiler Endgeräte stets pädagogisch begleitet erfolgen. Die Möglichkeit, digitale Endgeräte bei unzulässiger Verwendung vorübergehend einzubehalten, besteht unverändert fort.

Was gilt ohne schuleigene Regelungen?

Ohne schuleigene Regelungen für die Nutzung digitaler Endgeräte ist die Verwendung digitaler Endgeräte weiterhin nur zulässig, sofern die Aufsicht führende Person (Lehrkraft oder sonstiges pädagogisches Personal) dies im Einzelfall gestattet (vgl. Art. 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BayEUG).

pixabay.com/IO-Images

Gesetzliche Grundlage

Schulinterne Regelung

Im Wesentlichen lassen sich vier Aspekte der Nutzung digitaler Speichermedien an Schulen unterscheiden:

Nutzung außerhalb des Unterrichts...
1. zu privaten Zwecken*
2. zu schulischen/unterrichtlichen Zwecken*

Nutzung im Unterricht...
3. zu privaten Zwecken
4. zu unterrichtlichen Zwecken

* Die Punkte 1 und 2 können durch eine schulische Nutzungsordnung geregelt werden.

Sind Ton- und Bildaufnahmen zulässig?

Generell gilt: Niemand darf gegen seinen Willen fotografiert oder gefilmt werden. Das Recht am eigenen Bild ist in § 22 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) geregelt. Demzufolge dürfen Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie sonstige Personen nur dann fotografiert oder gefilmt werden, wenn die betreffende Person das explizit erlaubt. Bei Verstoß hiergegen kann unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine Strafbarkeit bestehen (§ 201a des Strafgesetzbuchs – StGB). Das Recht am eigenen Bild gilt auch für das Hochladen bzw. Teilen von Fotos und Videos in sozialen Netzwerken, wie bspw. WhatsApp oder Instagram. Folglich wird empfohlen, Ton- und Bildaufnahmen im Rahmen der privaten Handynutzung an Schulen grundsätzlich zu untersagen.

Zu unterrichtlichen Zwecken ist die Anfertigung von Video- und Tonaufnahmen ausnahmsweise zulässig, wenn dies für den Lernfortschritt erforderlich ist. Hierzu gehört z. B. die vorübergehende Aufzeichnung von „Übungen im Rahmen des Rhetorik-Unterrichts oder des Sportunterrichts, damit die Schülerinnen oder Schüler durch wiederholtes Ansehen der Aufnahmen ihre (Rhetorik-, Präsentations- oder Bewegungs-)Techniken verbessern können."

Videografien während des Unterrichts für die Zwecke des Unterrichts fehlt allerdings dann regelmäßig die Angemessenheit, wenn die Aufnahmen längerfristig gespeichert und nicht nach Beendigung der Unterrichtsstunde oder jedenfalls der (auch mehrere Unterrichtsstunden umfassenden, thematisch zusammengehörenden) Unterrichtseinheit gelöscht werden. Ansonsten besteht die erhebliche Gefahr, dass die Aufnahmen ohne Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten verbreitet werden und - ggf. auch in anderen Zusammenhängen - das Persönlichkeitsrecht der Schülerinnen und Schüler […] beeinträchtigen. (BayLfD)

Aber auch bei nur kurzfristig gespeicherten Videoaufnahmen ist die Angemessenheit zweifelhaft, wenn die Aufzeichnungen mit einem Privatgerät angefertigt werden oder ein schulisches Gerät zur Auswertung mit nach Hause genommen werden darf. Hier ist das Missbrauchsrisiko ebenso wie das (auch unbewusste) Verbreitungsrisiko - etwa bei Verlieren des Geräts oder bloß des Speichermediums - regelmäßig zu hoch. (BayLfD)

Dürfen Handys kontrolliert und einbehalten werden?

Gegen den Willen der Betroffenen dürfen Lehrkräfte Schülerhandys oder andere digitale Endgeräte ebenso wie andere private Gegenstände nicht durchsuchen. Dies wäre ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Schülerinnen und Schüler. Schließlich befinden sich auf dem Handy persönliche Daten, die von der Lehrkraft nicht eingesehen werden dürfen. Lehrkräfte können Schülerinnen und Schüler aber dazu auffordern, das Handy oder Inhalte darauf vorzuzeigen. Die Betroffenen können dies jedoch auch ablehnen.

Hier gelten die allgemeinen rechtsstaatlichen Verfahrensweisen der Strafprozessordnung, nach der nur die Staatsanwaltschaft Einsicht in gespeicherte Daten auf dem Handy nehmen darf. Auch Polizeibeamtinnen und -beamte dürfen das nur mit entsprechender Anordnung oder der Einwilligung des Betroffenen.

Bei Verstößen gegen Aufgaben und Pflichten dürfen Lehrkräfte Smartphones oder andere digitale Endgeräte vorübergehend einbehalten. Wenn Schülerinnen und Schüler z. B. ihr Smartphone während des Unterrichts unerlaubt verwenden oder die Lehrkraft filmen, kann es gemäß Art. 56 Abs. 5 Satz 4 BayEUG als pädagogische Maßnahme gerechtfertigt sein, das digitale Gerät vorübergehend (d. h. für einen angemessenen Zeitraum) einzubehalten.

Um etwaige Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht auszuschließen, sollte die Lehrkraft die Schülerin bzw. den Schüler vor Abgabe des Geräts dazu auffordern, dieses auszuschalten

Die Dauer des Einbehaltens liegt dabei im pädagogischen Ermessen der jeweiligen Lehrkraft, die stets unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Art. 86 Abs. 1 BayEUG) nach den Umständen des Einzelfalls entscheiden wird. Bei einem ersten Verstoß wird deshalb für gewöhnlich eine Ermahnung ausreichen. Erst bei mehrfachen Verstößen wird das digitale Endgerät vorübergehend einbehalten werden. In der Regel wird – mit Blick auf Art. 14 GG – ein digitales Endgerät spätestens am Ende des jeweiligen Schultages zurückzugeben sein.

Sollte eine minderjährige Schülerin bzw. ein minderjähriger Schüler wiederholt gegen die schuleigenen Regelungen verstoßen haben, kann es aus pädagogischer Sicht sinnvoll sein, der Schülerin bzw. dem Schüler am Ende des Schultages das Gerät nicht wieder auszuhändigen, sondern die Erziehungsberechtigten der Schülerin oder des Schülers zum Gespräch einzubestellen und ihnen im Zuge dessen das Gerät zurückzugeben. Sollte ein solcher Termin erst nach einigen Tagen (oder sogar erst nach der Dauer eines Wochenendes) zustande kommen, kann es ausnahmsweise auch gerechtfertigt sein, das Gerät für diesen Zeitraum einzubehalten. Selbiges gilt für Klassen- und Studienfahrten.

© istock.com/GreyParrot

 Gesetzliche Grundlage

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Flankierende medienpädagogische Maßnahmen

Medienerzieherische Projekte, Lehrerfortbildungen und Informationsveranstaltungen für Eltern sollten die Einführung der schuleigenen Regelung zur privaten Nutzung digitaler Endgeräte begleiten.

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